Handeln bei Vermutung und Verdacht

Hinweis: Zur Wiedergabe der Vorlesen-Funktion wird der Dienst von LinguaTec GmbH verwendet. Mit Aktivierung des Vorlesen-Buttons erteilen Sie Ihre Einwilligung darin, dass LinguaTec möglicherweise Ihre Nutzerdaten erhebt, nutzt und weiterverarbeitet.

Kinder können den sexuellen Missbrauch nicht beenden, sie brauchen die Hilfe von Erwachsenen. Aber in einer solchen Situation sind auch Erwachsene oft überfordert. Vom ersten Verdacht zur Anzeige bei der Polizei bis zum Strafverfahren können sich Erwachsene Unterstützung holen. Das Entscheidende ist: Handeln! 

Wenn sich der Verdacht eines sexuellen Missbrauchs erhärtet, weil z.B. die Aussagen des Kindes eindeutig werden oder sogar Verletzungen erkennbar sind, werden folgende Schritte empfohlen:

  • Nehmen Sie die Schilderungen des Kindes ernst. Glauben Sie ihm. Lassen Sie Betroffene nur so viel erzählen, wie sie zu erzählen bereit sind. 
  • Üben Sie keinen Druck aus und versuchen Sie nicht, das Kind durch vorformulierte Aussagen zu beeinflussen. Vermeiden Sie Schuldzuweisungen wie: „Warum hast du so lange geschwiegen?“.
  • Die Verantwortung für die Tat liegt einzig und allein beim Täter / bei der Täterin. Erklären Sie dies dem betroffenen Mädchen oder Jungen. Auch Sie selbst trifft keine Schuld.
  • Planen Sie das weitere Vorgehen, handeln Sie dabei nicht über den Kopf des Kindes hinweg. Holen Sie sich Hilfe bei einer Beratungsstelle. Die Mitarbeitenden helfen Ihnen auch dabei, zu entscheiden, ob eine sofortige Anzeige bei der Polizei in Ihrem individuellen Fall sinnvoll ist.
  • Bei der Abwägung, ob Sie Anzeige bei der Polizei erstatten, bedenken Sie: Selbstverständlich stellt ein Ermittlungsverfahren und die damit verbundene Zeugenaussage oder körperliche Untersuchung eine Belastung für das Kind dar. Hinzu kommen die Dauer des Verfahrens und das Risiko, dass dieses eingestellt werden kann. Aber: Je schneller Sie Strafanzeige erstatten, desto mehr Spuren, Gegenstände und Beweise können gesichert und dokumentiert werden. Dadurch wird die Aussage des Kindes untermauert.
  • Überlassen Sie die Ansprache des Tatverdächtigen der Polizei.

Unterstützung für Eltern von betroffenen Kindern

Sofortmaßnahmen der Polizei

In akuten Gefahrensituationen hilft die Polizei. Sie kann Schritte einleiten, die nötig sind, um eine akute Gefahr für das Kind abzuwenden. Auch wenn es nicht möglich ist, den Täter oder die Täterin in Untersuchungshaft zu nehmen, weil zunächst kein ausreichender Haftgrund vorliegt, kann die Polizei die Person für gewisse Zeit aus der gemeinsamen Wohnung und der unmittelbaren Umgebung des Kindes verweisen, bis das Familiengericht eine Schutzanordnung (z.B. dem Täter verbieten, die Nähe des Kindes zu suchen) erlässt.

Hilfe erhalten Eltern und Erziehungsberechtigte auch beim Ordnungsamt, beim Amtsgericht / Familiengericht, bei einer Beratungsstelle für Missbrauch oder bei einem Opferanwalt.

Auch eine Anzeige ist Opferschutz

Die Anzeige kann grundsätzlich bei jeder Polizeidienststelle oder der Staatsanwaltschaft erstattet werden. Die Polizei wird diese in der Regel an ihre kriminalpolizeiliche Fachdienststelle für Sexualdelikte weiterleiten. Dort kann die mit einer Anzeige verbundene Anhörung kindgerecht (z.B. in kindgerechten Vernehmungszimmern) durchgeführt werden. Erwachsene können sich mit dem betroffenen Kind auch direkt an eine derartige Stelle wenden, um Anzeige zu erstatten. Unterstützung erhalten sie dabei auch von Mitarbeitern einer spezialisierten Fachberatungsstelle oder einem Opferanwalt.

 

Wichtig:

Eine Anzeige ist zu verschiedenen Zeitpunkten möglich, z.B. unmittelbar nach einer Tat, nach dem Gespräch mit einer Vertrauensperson, nach einer ärztlichen Untersuchung oder im Zuge einer therapeutischen Behandlung zur Verarbeitung des Geschehens.

 

HANDELN: Ablauf eines Strafverfahrens

Von der Anzeige bis zur Gerichtsverhandlung

Anzeige erstatten

Die Anzeige kann grundsätzlich bei jeder Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft erstattet werden. Die Polizei wird die Anzeige in der Regel an die jeweilige kriminalpolizeiliche Fachdienststelle für Sexualdelikte weiterleiten. Dort kennt man die spezifischen Belange minderjähriger Opfer und kann die mit einer Anzeige verbundene Anhörung kindgerecht durchführen.

Bei der Anzeigenerstattung muss eine mehrfache Befragung des Opfers vermieden werden. Mitarbeiter spezialisierter Fachberatungsstellen oder Opferanwälte unterstützen Eltern bei der Anzeigenerstattung.

Beweissicherung

Bei der Beweisaufnahme für ein Ermittlungsverfahren werden Opfer, Zeugen und später auch der Beschuldigte vernommen sowie Spuren gesichert, um be- und entlastendes Material zusammenzutragen.

Aussage des minderjährigen Opfers

Grundsätzlich befragen nur besonders geschulte Beamtinnen (oder Beamte) die jungen Opfer. Eltern und Sorgeberechtigte müssen einer Befragung zuvor zustimmen. Um belastende mehrfache Anhörungen im Gerichtsverfahren zu vermeiden, werden bei minderjährigen Opfern Videovernehmungen bevorzugt.

Ergänzungspfleger bei tatverdächtigen Erziehungspersonen

Ist ein Elternteil selbst tatverdächtig, kann das Gericht einen so genannten Ergänzungspfleger (Mitarbeiter des Jugendamtes oder ein Rechtsanwalt) bestellen. Seine Aufgabe ist es, im gesamten Verfahren anstelle des tatverdächtigen Erziehungsberechtigten zu entscheiden, ob das Kind aussagt.

Anklage

Die Polizei leitet die Ermittlungsakte an die Staatsanwaltschaft weiter. Ob die Staatsanwaltschaft Anklage bei Gericht erhebt, wird nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen entschieden. Versucht ein Täter die Aussage des Opfers zu beeinflussen (mit einer Belohnung oder durch Drohungen), teilen Sie dies unverzüglich der ermittelnden Polizeidienststelle oder Staatsanwaltschaft mit. Dies könnte einen Haftgrund (Verdunkelungsgefahr) darstellen, woraufhin der Täter festgenommen werden könnte.

Opferanwalt

Das Kind kann als Nebenkläger im Strafverfahren auftreten. Dabei kann es auf Staatskosten durch einen Anwalt vertreten werden. Dieser kann das Kind zu den Vernehmungen begleiten und – wenn erforderlich – auf den Prozess vorbereiten. Weiterhin kann der Nebenklagevertreter bereits im Strafprozess Ansprüche auf Schadensersatz (z.B. wegen Therapiekosten) und auf Schmerzensgeld gegen den Angeklagten geltend machen sowie dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit oder der Angeklagte von der Verhandlung ausgeschlossen werden. Über diesen Nebenklagevertreter können auch Anordnungen zum Schutz des Kindes vor weiteren Übergriffen beantragt werden.

Bei der Auswahl eines Opferanwaltes helfen auch erfahrene Opferschutzorganisationen wie die Außenstelle des WEISSER RING e.V.

Anhörung vor Gericht

Auch wenn sie keinen anwaltlichen Beistand haben, werden Kinder im Gerichtsverfahren besonders geschützt. Wenn eine gerichtliche Anhörung erforderlich sein sollte, dürfen Kinder und Jugendliche ausschließlich von Richtern befragt werden.

Ausführliche Informationen zum Ablauf des Strafverfahrens:

Ablauf des Strafverfahrens

Unsere kostenlose Produkte, die Sie interessieren könnten

Die Broschüre "Missbrauch verhindern!" klärt Erwachsene über sexuelle Gewalt auf. Sie vermittelt wichtiges Wissen, um Kinder und Jugendliche vor Missbrauch zu schützen. 

Broschüre „Missbrauch verhindern!“

Download

Kostenlos bestellen