Zahlen und Fakten: Kindesmisshandlung

Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet jedes Jahr viele Fälle von Kindesmisshandlung. Da ein Großteil der Taten jedoch im familiären oder sozialen Umfeld der Opfer stattfinden, muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden - Straftaten, die nicht zur Anzeige gebracht werden, weil die Opfer zu klein sind oder die Scham zu groß. Die körperlichen und seelischen Schäden prägen diese Kinder oft ein Leben lang.

Aktuelle Zahlen und Daten sowie wichtige Hintergrundinformationen zu rechtlichen Grundlagen und Risikofaktoren finden Sie auf den folgenden Seiten.

Zahlen und Fakten: Kindesmisshandlung

Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet jedes Jahr viele Fälle von Kindesmisshandlung. Da ein Großteil der Taten jedoch im familiären oder sozialen Umfeld der Opfer stattfinden, muss von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden - Straftaten, die nicht zur Anzeige gebracht werden, weil die Opfer zu klein sind oder die Scham zu groß. Die körperlichen und seelischen Schäden prägen diese Kinder oft ein Leben lang.

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Nur die Spitze des Eisbergs

Die Polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet für das Jahr 2023 3.443 Fälle von Kindesmisshandlung (§ 225 StGB). Insgesamt gab es 4.336 Opfer, 54,5 Prozent davon waren männlich, 45,5 Prozent weiblich.

Die Aufklärungsquote lag bei 96,1 Prozent. Sie bezieht sich jedoch nur auf die angezeigten Fälle. Bei Kindesmisshandlung muss von einer hohen Dunkelziffer nicht angezeigter Straftaten ausgegangen werden, da die Tat in erster Linie in der Familie und im sozialen Umfeld verübt wird und die Opfer noch zu klein und zu hilflos sind, um auf sich aufmerksam zu machen. Charakteristisch für ältere misshandelte Kinder ist, dass sie oft aus Scham schweigen, weil sie glauben, sie seien zu Recht bestraft worden, z.B. fürs Bettnässen, schlechte schulische Leistungen u.ä.

In Deutschland fehlen regelmäßige repräsentative Befragungen zur Häufigkeit von Gewalt gegen Kinder mit großen Stichproben. Die vorhandenen Einzelstudien kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen - abhängig von Definition und Messung von Gewalt, von den Personen, die befragt werden (Erwachsene über ihre Erfahrungen in der Kindheit oder Jugendliche, Allgemeinbevölkerung oder Menschen, die in Heimen, der Psychiatrie oder im Strafvollzug untergebracht sind). (Eine Einzelstudie mit repräsentativen Ergebnissen: Clemens, Vera/Sachser, Cedric/Weilemann, Mitja/Fegert, Jörg: 20 Jahre gewaltfreie Erziehung im BGB. Aktuelle Einstellungen zu Körperstrafen und elterliches Erziehungsverhalten in Deutschland: Ulm 2020.) 

Immerhin hat die Verankerung der gewaltfreien Erziehung im BGB im Jahr 2001 eine beeindruckende Wirkung gezeigt. Die Akzeptanz von Körperstrafen geht deutlich zurück, Eltern lehnen Ohrfeigen, die "Tracht Prügel" oder gar Schläge mit einem Stock heute ab. Allerdings finden noch immer über 40 % der Erwachsenen leichtere Körperstrafen wie "einen Klaps auf den Po" akzeptabel („Aktuelle Einstellungen zu Körperstrafen und elterliches Erziehungsverhalten in Deutschland“ Ein Blick auf Veränderungen seit der parlamentarischen Entscheidung von 2000. Vera Clemens, Cedric Sachser, Mitja Weilemann & Jörg M. Fegert, Ulm 2020).

Mehr Fallzahlen aus der bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zu Kindesmisshandlung finden Sie in unserem ausführlichen Infotext.

 

Misshandlung prägt Kinder ein Leben lang

Mädchen und Jungen werden ungefähr gleich häufig Opfer von körperlicher Kindesmisshandlung, seelischer Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung. Die Gewalt der Eltern richtet sich überwiegend gegen Kinder in den ersten Lebensjahren.

Die seelischen und körperlichen Schäden prägen diese Kinder häufig ein Leben lang. Suchtanfälligkeit und Gewaltbereitschaft sind nur zwei mögliche Folgen, die dazu führen können, dass sich der Kreislauf von Bedrängnis und Gewaltausübung von Generation zu Generation fortsetzt. Zwar erzeugt Gewalt gegen Kinder nicht notwendig wieder Gewalt - die Biografien von jungen (und erwachsenen) Gewalttäterinnen und -tätern deuten jedoch auf einen Zusammenhang hin: Viele von ihnen haben in ihrer Kindheit Gewalt erfahren.

Als Täter von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung treten Frauen etwas weniger (46,8 Prozent) und Männer etwa häufiger (53,2 Prozent) in Erscheinung. Sie entstammen allen sozialen Schichten. Oft entsteht die Tat aus einer Überforderungssituation heraus. Auch die Täter und Täterinnen bedürfen dringend der Hilfen von außen.

Kindesmisshandlung ist strafbar

Der Gesetzgeber stellt die Misshandlung von Kindern, und zwar die Vernachlässigung sowie die körperliche Gewalt, unter Strafe. Die Misshandlung von Schutzbefohlenen, Kindesmisshandlung oder Vernachlässigung, wird nach § 225 Strafgesetzbuch (StGB) mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

Seit Januar 2001 ist die gewaltfreie Erziehung gemäß § 1631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gesetzlicher Auftrag für alle Erziehungsverantwortlichen. Danach haben Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

 

§ 225 StGB Misshandlung von Schutzbefohlenen

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

  1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
  2. seinem Hausstand angehört,
  3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
  4. ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, quält oder roh misshandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

  1. des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder
  2. einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

 

§ 1631 BGB Inhalt und Grenzen der Personensorge

(1) Die Personensorge umfasst insbesondere die Pflicht und das Recht, das Kind zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.

(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.

(3) Das Familiengericht hat die Eltern auf Antrag bei der Ausübung der Personensorge in geeigneten Fällen zu unterstützen.

Überforderung kann eine Ursache sein

Experten sind sich einig, dass es spezielle Risikofaktoren für Misshandlung und Vernachlässigung gibt. Aufgrund des hohen Dunkelfeldes bestehen zwar keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über ein eindeutiges Verhältnis von Ursachen und bestimmten Wirkungen. Es gibt aber Situationen, die Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung begünstigen können.

Die Lebensgeschichte der Eltern spielt eine große Rolle: Wurden sie selbst vernachlässigt oder durch andere negative Erlebnisse wie Gewalt geprägt, wirken sich diese Faktoren auf das Erziehungsverhalten gegenüber den eigenen Kindern aus. Auch ein niedriger Bildungsstand, Armut, ein junges Lebensalter, psychosozialer Stress, akute psychische Probleme oder Abhängigkeiten und Sucht können sich negativ auf die Fürsorge auswirken. Auch Trennung, wechselnde Partner, Schulden oder Arbeitslosigkeit sind Faktoren, die Krisen und Konflikte innerhalb der Familie verursachen. Führen sie zu einer Überforderung der Erziehenden, können Vernachlässigung oder Misshandlung der Kinder begünstigt werden. Zur Überlastung der Familie tragen aber auch beengte Wohnverhältnisse und eine fehlende Unterstützung im Umfeld bei.

Hat das Kind einen erhöhten Pflege- oder Betreuungsbedarf (zum Beispiel eine Entwicklungsstörung oder -verzögerung, eine Behinderung oder ist es ein "Schrei-Baby"), können gerade Eltern, die selbst eine schwierige Lebensgeschichte haben, schnell überfordert sein. Und ist ein Kind "ungewollt" zur Welt gekommen, kann schon allein diese Tatsache eine spätere Kindeswohlgefährdung begünstigen.

Diese Risikofaktoren können, müssen aber nicht zu Misshandlung und Vernachlässigung führen.

Es gibt viele arbeitslose, alleinerziehende, minderjährige oder psychisch kranke Eltern, die sich fürsorglich um ihre Kinder kümmern.

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Die Handreichung "Kinder schützen" beschreibt zunächst körperliche wie seelische Erscheinungsformen von Kindesmisshandlung sowie Formen der Kindesvernachlässigung. Im Anschluss daran stellt sie wesentliche Ursachen bzw. Risikofaktoren für solche Gefährdungen des Kindeswohls dar. Symptome, die auf Kindesmisshandlung und Kindesvernachlässigung hinweisen könnten sind ebenfalls Inhalt der Handreichung. Besonders ausführlich erläutert das Heft Empfehlungen, wie im Falle eines Vedachts auf Kindesmisshandlung oder -vernachlässigung reagiert werden sollte. Mit der Infoseite "Kindesmisshandlung" haben Sie schnell alle wichtigen Daten und Fakten der Polizeilichen Kriminalprävention im Blick. 

Eine individuelle Beratung erfahren Sie in Ihrer nächstgelegene (Kriminal-)polizeilichen Beratungsstelle.

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