Sexualstraftaten - Nein heißt Nein!

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Sexualdelikte gibt es in vielen verschiedenen Varianten und Ausführungsformen. Strafrechtlich sind sie insbesondere in den §174 bis §185 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Jede sexuelle Handlung, die gegen den erkennbaren Willen des Opfers geschieht, wird hier erfasst.

 

Nein heißt Nein!

Das bedeutet, dass bereits ein einfaches "Nein" des Opfers die Handlung des Täters oder der Täterin zu einer Straftat macht. Bedenken Sie: Jede Person hat das Recht, an jedem Punkt einer Begegnung "Nein" zu sagen, an dem sie sich unwohl fühlt. Es gibt kein "zu früh" und kein "zu spät". Der Täter/die Täterin muss nur deutlich erkennen können, dass die sexuellen Handlungen nicht erwünscht sind. Wenn das Opfer seine Ablehnung nicht in Worte fassen kann, kann es dem Täter/der Täterin durch Verhalten wie Wegdrehen, sich steif wie ein Brett machen, wegstoßen, weinen etc. zeigen, dass es die sexuelle Handlung nicht möchte. Die Beziehung des Opfers zum Täter/zur Täterin ist für die Verwirklichung einer Straftat egal (verheiratet, befreundet, verwandt, bekannt oder fremd). Alle vom Opfer ungewollten sexuellen Handlungen sind strafbar.

Ist das Opfer nicht in der Lage seinen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern, weil es beispielsweise mit Substanzen betäubt wurde oder auf Grund seines körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, sind jegliche sexuellen Handlungen ebenso strafbar.

Bei Sexualdelikten entstehen nicht immer körperlich sichtbare Verletzungen. Die psychischen Folgen für das Opfer können genauso schwer sein. Menschen reagieren je nach Persönlichkeit ganz unterschiedlich auf ein Sexualdelikt. Manche sind völlig aufgelöst und verzweifelt, andere wirken ruhig und gelassen. Viele Betroffene reden kaum über die Tat, weil sie sich schämen und befürchten, dass man ihnen nicht glaubt oder ihnen Schuldvorwürfe macht. Gerade in den Fällen, in denen Opfer den Täter oder die Täterin persönlich kennen, mit dieser Person vielleicht verabredet waren oder sie in die Wohnung eingeladen haben, fühlen sie sich selbst mitschuldig. Die Verantwortung liegt aber allein beim Täter bzw. der Täterin. Das Opfer hat niemals Schuld!

Ein professioneller Umgang mit Opfern von Sexualdelikten erfordert Empathie und Sensibilität. Betroffene werden von Menschen in ihrer Umgebung jedoch häufig mit Vorwürfen und Schuldzuweisungen konfrontiert und dadurch zusätzlich belastet. Opfer haben in solchen Situationen Anspruch auf professionelle Hilfe, auf die wir hier hinweisen möchten.

 

Schweigen hilft nur dem Täter!

Erstatten Sie Strafanzeige! Nur so kann der Täter/die Täterin bestraft und weitere Opfer geschützt werden.

 

Sie wurden Opfer?

  • Bei akuter Bedrohung, wählen Sie 110! Die Polizei wird alles tun, um Sie zu schützen und gegen den Täter oder die Tätern zu ermitteln.
  • Zeigen Sie die Straftat bei der Polizei an. Eine Strafanzeige können Sie bei jeder Polizeidienststelle erstatten.
  • Zeigen Sie sexuelle Handlungen, die gegen Ihren Willen geschehen sind, bei der Polizei an! Tun Sie dies auch, wenn Ihnen der Täter oder die Täterin bekannt ist oder aus Ihrem persönlichen Umfeld stammt.
  • Zur Polizei können Sie sich von einer Person Ihres Vertrauens bzw. einem Rechtsbeistand begleiten lassen.
  • So schwer es Ihnen fällt: Duschen und waschen Sie sich bis zu einer (ärztlichen) Untersuchung nicht. Nur so können Spuren gesichert werden.
  • Waschen Sie auch die Kleidung nicht, die Sie zur Zeit des Übergriffs getragen haben. Verpacken Sie die Kleidungsstücke möglichst einzeln in Papiertüten, damit alle Spuren erhalten bleiben.
  • Verändern Sie den Tatort nicht!
  • Wenn Sie vermuten, dass Sie unter dem Einfluss von K.O.-Tropfen Opfer einer Straftat geworden sind, ist es wichtig, sofort zu handeln. K.O.-Tropfen sind nur kurzzeitig im Blut und im Urin nachweisbar. Suchen Sie bitte umgehend die Polizei auf!

 

Was tun, wenn Sie noch zögern, zur Polizei zu gehen?

Vielleicht fühlen Sie sich noch nicht bereit, Anzeige bei der Polizei zu erstatten. Beachten Sie bitte dennoch einige Punkte, die für eine spätere Strafverfolgung wichtig sind:

  • Wenn möglich, waschen Sie sich nicht, bevor Sie ärztlich untersucht worden sind.
  • Lassen Sie sich möglichst schnell untersuchen und Ihre Verletzungen attestieren. In fast allen Bundesländern gibt es das Angebot der anonymen Spurensicherung, das Ihnen ermöglicht, zunächst ohne Information der Polizei Spuren sichern zu lassen. Später können diese Spuren in ein Ermittlungsverfahren eingebracht werden. Auf der Internetseite von "Terres des Femmes" finden Sie Ihre nächstgelegene Stelle zur anonymen Spurensicherung.
  • Vernichten Sie keine Beweismittel; bewahren Sie z. B. Bekleidung, Wäsche, Bettlaken oder andere Gegenstände (getrocknet) auf, mit denen der Täter in Berührung gekommen ist.
  • Reinigen Sie die Kleidung, die Sie zur Tatzeit getragen haben, nicht.
  • Werfen Sie auch zerrissene Kleidungsstücke und Unterwäsche nicht weg, denn sie könnten wichtige Spurenträger sein.
  • Versuchen Sie, ein Gedächtnisprotokoll über den Tatablauf zu schreiben. Das kann Ihnen bei einer möglichen späteren Vernehmungen als Gedankenstütze helfen und für das Verfahren sehr wichtig werden.
  • Löschen Sie keine Bilder, Videos oder Nachrichten auf Ihrem Mobiltelefon, die mit dem Täter/der Täterin in Verbindung stehen. Diese können für das Strafverfahren von Bedeutung sein
  • Ausführliche Informationen zu sexueller Belästigung im Internet finden Sie hier.
  • Auch wenn Sie bedroht oder unter Druck gesetzt werden, melden Sie dies unbedingt der Polizei. Nur so kann die Polizei schnell geeignete Maßnahmen zu Ihrem Schutz einleiten.

 

Die Polizei hilft

  • Die Polizei wird die ersten notwendigen Hinweise zur Tat aufnehmen. Genaueres berichten Sie später in Ihrer ausführlichen Aussage bei der Kriminalpolizei.
  • Möchten Sie Ihre Aussage bevorzugt bei einer Frau statt bei einem Mann (oder umgekehrt) machen, wird die Polizei versuchen, das zu ermöglichen.
  • Bei Sexualstraftaten ist es für die Kriminalpolizei wichtig, sich ein Gesamtbild von Ihnen und der Lebenssituation zu machen. Dazu können auch Fragen zu Ihrem Intimleben gehören, die von den Beamten/innen sachlich gestellt werden. Solche Fragen werden aber auf das Unerlässliche beschränkt.
  • Wenn Sie vor der Anzeigeerstattung noch nicht ärztlich untersucht worden sind, fährt die Polizei Sie in ein Krankenhaus oder in eine ärztliche Praxis. Dort wird eine Fachärztin oder ein Facharzt Sie gynäkologisch bzw. körperlich untersuchen und ärztlich versorgen (u. a. erste Versorgung körperlicher Verletzungen, Schwangerschafts- und Aidstest). Dabei werden Spuren gesichert, die später Beweismittel sein können.
  • Schriftlich können Sie eine Anzeige (auch über eine Anwältin/einen Anwalt) direkt bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei erstatten. Falls ergänzende Angaben notwendig sind, kann die Kriminalpolizei Sie zu einer zusätzlichen Zeugenvernehmung einladen.

 

Rechte und Ansprüche

  • Oft ist es sinnvoll, sich durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen. Er vertritt Ihre Interessen vor Gericht und darf bei Ihrer Vernehmung durch das Gericht oder der Staatsanwaltschaft anwesend sein. Allerdings ist meistens schon das erste Beratungsgespräch kostenpflichtig. Der Verein WEISSER RING bietet Opfern von Gewalt einen Beratungsscheck für das rechtsanwaltliche Erstgespräch an. Falls Sie rechtsschutzversichert sind, erkundigen Sie sich bei Ihrer Versicherung nach einer Kostenübernahme. Sind Sie nicht rechtschutzversichert, lesen Sie die Hinweise zur möglichen Kostenübernahme. Als Opfer eines sexuellen Übergriffs können Sie beantragen, vom Gericht einen eigenen "Opferanwalt" bestellt zu bekommen. Der Opferanwalt oder die Opferanwältin vertritt dann Ihre Interessen im Strafverfahren und vor Gericht. Folgt das Gericht Ihrem Antrag, ist die opferanwaltliche Tätigkeit für Sie kostenfrei.
  • Auf Antrag können sie als "Nebenkläger" im Strafverfahren auftreten. Das erweitert Ihre Rechte. Auf Antrag haben Opfer sexueller Gewalt in der Regel außerdem Anspruch auf eine kostenfreie psychosoziale Prozessbegleitung.
  • Wenn die Opfer durch eine Gewalttat einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben, können sie nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) Versorgung erhalten (z.B. Heil - und Krankenbehandlung, Hilfen zur beruflichen Rehabilitation, Beschädigtenrente). Die Versorgung wird nur auf Antrag gewährt. Der Antrag ist an das für den Wohnort der/des Geschädigten zuständigen Versorgungsamt zu stellen. Lesen Sie hierzu Informationen zu Opferentschädigung bei Opferrechten. Diese Form der Entschädigung ist nicht mit Schadenersatz oder Schmerzensgeld zu verwechseln. Die Opferhilfeeinrichtungen stehen Ihnen während des gesamten (Straf-) Verfahrens und darüber hinaus zur Seite und unterstützen Sie in allen Bereichen.  

 

Hilfe und Unterstützung

Ein Sexualdelikt hinterlässt nicht nur sichtbare Spuren. Menschen, die Opfer eines sexuellen Übergriffes wurden, fühlen sich oft nicht mehr sicher und leiden unter psychischen Folgen der Tat.

Holen Sie sich professionelle Hilfe!

Sie erhalten rund um die Uhr eine kostenlose und anonyme Beratung in vielen Sprachen beim "Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen" unter der Nummer 116 016.

Das bundesweite "Hilfetelefon Sexueller Missbrauch", Telefonnummer: 0800 2255530, E-Mail: beratung@hilfetelefon-missbrauch.de, bietet Rat und Hilfe bei sexueller Gewalt (kostenlos und anonym).

Beim bundesweiten "Hilfetelefon Gewalt an Männern" unter der Nummer 0800 123 9900 erhalten von Gewalt betroffene Männer eine kostenlose und anonyme Beratung.

Beide Stellen können Ihnen auch Hilfeeinrichtungen und Beratungsstellen in der Nähe Ihres Wohnortes nennen. Dazu gehören:

  • Notrufeinrichtungen, z. B. Frauen gegen Gewalt, Frauen- und Männerberatungsstellen
  • Frauenhäuser
  • Gleichstellungsstellen bei den Landratsämtern und Stadtverwaltungen
  • Opferhilfeorganisationen, z. B. WEISSER RING
  • Opferschutzbeauftragte der Polizei
  • Jede Polizeidienststelle, insbesondere die Fachkommissariate für Sexualstraftaten

Auch die Polizei kann Ihnen Hilfeeinrichtungen und Beratungsstellen in Ihrer Nähe nennen und bei der Kontaktaufnahme helfen. Dafür können Sie sich an jede Polizeidienststelle wenden.

 

Medien zum Thema Sexualstraftaten

Missbrauch verhindern
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Opferschutz Sexuelle Gewalt
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So hilft die Polizei Kriminalitätsopfern
Faltblatt (DE/EN/AR)

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Faltblatt (DE/UA/RU)

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